Gitarre in allen ihren Facetten erleben
Die Gitarre ist eines der beliebtesten und vielseitigsten Instrumente. Alle Welt kennt sie, sei es aus der Volksmusik der verschiedensten Länder, aus der Popmusik oder durch berühmte Bands der unterschiedlichsten Genres. "Doch trotz dieser Beliebtheit, Bekanntheit und Vielseitigkeit hat die klassische Gitarre noch nicht die Aufmerksamkeit und Wertschätzung bekommen, die sie verdient", meint Nora Buschmann, Professorin für Gitarre an der Hochschule für Musik und Theater Rostock.
Die klassische Gitarre ist das am häufigsten nachgefragte Instrument an den Musikschulen und Konservatorien, auch auf internationaler Ebene. Über sie erfolgt oftmals der Einstieg in das praktische Musizieren. Anders sieht es bisher in den großen Konzertsälen aus. Dort hat sie sich bisher noch nicht als gleichberechtigtes Soloinstrument durchgesetzt. Das möchte Nora Buschmann jetzt an der hmt Rostock ändern.
Kammermusik für Gitarre beleuchten
"Wir möchten in unserer Abteilung mit und für die Studierenden in den nächsten beiden Semestern ein Programm erarbeiten, das die geografischen Einflüsse beleuchtet", sagt Buschmann. Unter thematischen Aspekten sollen Kammermusik und Werke für mehrere Gitarren im Ensemble einstudiert und aufgeführt werden, um sowohl den Gitarristinnen und Gitarristen selbst als auch den anderen Studierenden und dem Publikum eine andere Sicht auf das Instrument zu eröffnen und das Instrument musikalisch neu zu beleuchten. "Wir möchten der Gitarre eine Art Aufwertung erfahren lassen und Neugier wecken, denn wir spielen ein Nischeninstrument, das nicht im Orchester mitwirkt, das keine lange Tradition oder Lobby aufweisen kann", erklärt Nora Buschmann. "Die klassische Gitarre ist nicht sehr voluminös in der Lautstärke, aber sehr komplex und durch die notwendige Polyphonie besonders schwer zu spielen und zu erlernen". Zusammen mit ihren Kollegen Prof. Dr. Thomas Offermann und Heiko Ossig plant sie einen intensiven Austausch mit Studierenden und Lehrenden aus allen Bereichen der hmt Rostock: "Musiker und Publikum sollen davon profitieren und etwas ganz Besonderes und Neues erleben, die Gitarre in all ihren Facetten hören!"
Gitarrenrepertoire stark von Folklore beeinflusst
Durch die musikgeschichtlich gesehen junge Geschichte der Entwicklung der modernen Konzertgitarre gibt es relativ wenige bedeutende Komponisten, die für das Instrument geschrieben haben. Es liegen Bearbeitungen von J. S. Bachs Werken für Laute, Violine oder Cello vor, John Dowlands Musik aus der englischen Renaissance, die von der Laute auf die Gitarre übertragen wurde, oder die Klavierwerke von Albeniz und Granados, wie das berühmte "Asturias", das in der Bearbeitung für Gitarre große Popularität erlangte. Erst im 20. Jahrhundert wurden Komponisten wie Benjamin Britten, William Walton und Toru Takemitsu durch den britischen Gitarristen Julian Bream auf die Gitarre aufmerksam. Die Gitarristen Heitor Villa-Lobos, Mario Castelnuevo Tedesco, Alexandre Tansman und der Spanier Andres Segovia machten die Gitarrenmusik zunehmend bekannter.
Mehr als in anderen klassischen Bereichen der Musik spielen die folkloristischen Einflüsse in der Gitarrenmusik eine große Rolle. Beispiele dafür sind das "Concierto Aranjuez" für Gitarre und Orchester von Joaquin Rodrigo, die Stücke des Cubaners Leo Brouwer und des Brasilianers Heitor Villa-Lobos. Die Nähe zur Folklore auch besonders in Südamerika ist dabei sehr stark verwurzelt.