Auswertung der Dozierendenbefragung zur Distanzlehre an Musikhochschulen in der Corona-Krise

Beteiligte Hochschulen Grundgesamtheit Rücklauf Rücklaufquote
Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin 267 54 20,22 %
Hochschule für Musik und Theater Hamburg 343 107 31,20 %
Hochschule für Musik und Theater Rostock 242 125 51,65 %
Universität der Künste Berlin fehlt 41 fehlt
gesamt fehlt 327 fehlt

I. Befragungsergebnisse im Überblick

Einerseits ...

  • 60 % der Befragten empfinden die technische Ausstattung der Hochschulen als nicht ausreichend im Hinblick auf die aktuelle Krisensituation.
  • 65 % der Lehrenden geben einen erhöhten Vorbereitungsaufwand an.
  • 74 % der Lehrenden empfinden die Online-Lehre als erhöhte psychische Belastung.
  • Insbesondere unter den künstlerisch Lehrenden ist die Einstellung zur Online-Lehre überwiegend kritisch: Lediglich 25 % sind der Meinung, dass künstlerische Online-Lehre eine vollwertige Ersatzform oder zumindest eine praktikable Ergänzungsform zum herkömmlichen Präsenzunterricht ist.

Andererseits ...

  • Der weitaus größte Teil der Befragten gibt an, trotz allem gut zurechtzukommen. Lediglich 15 % der Hochschullehrenden fühlen sich von der aktuellen Situation überfordert.
  • Eine große Mehrheit fühlt sich zudem ausreichend von den Hochschulleitungen und Verwaltungen unterstützt: Lediglich 29 % wünschen sich hier noch mehr Unterstützungsangebote. Hingegen wünschen sich 41 % der Hochschullehrenden in der gegenwärtigen Krise mehr Unterstützung von Seiten der Bildungspolitik.
  • Die Lehrenden an den Musikhochschulen stehen auch in der Krisenzeit in gutem Kontakt zu ihren Studierenden. 78 % der Lehrenden geben an, zu (fast) allen Studierenden Kontakt zu haben. Insgesamt 88 % der Lehrenden erreichen mehr als die Hälfte der Studierenden. Das sind erstaunlich positive Werte – vor allem angesichts einer hochgradig internationalen Studierendenschaft.
  • Videokonferenzen (90 %) und die Versendung schriftlicher Aufgaben per Mail (53 %) sind derzeit die bevorzugten Lehrformate. Die hochschuleigene Website wird hingegen kaum als Medium genutzt, um mit den Studierenden zu kommunizieren (lediglich 10 %).

Zukunftsaussichten ...

  • 36 % der Lehrenden gehen über das aktuelle Semester hinaus von bleibenden Lernrückständen bei den Studierenden aus.
  • 63 % der Lehrenden sind der Ansicht, dass sich Effekte der sozialen Ungleichheit unter den Studierenden durch die vorübergehende Hochschulschließung verstärken werden. Diese Effekte werden von Hochschullehrenden allerdings deutlich geringer eingeschätzt als von Lehrenden an allgemeinbildenden Schulen im Hinblick auf deren Schülerschaft (86 %).
  • In der Frage, ob die Identifikation mit der eigenen Hochschule durch die Online-Lehre geschwächt wird, sind die Meinungen geteilt. 48 % der Lehrenden stimmen dieser Ansicht zu, während 52 % der Lehrenden nicht der Meinung sind.
  • Im Hinblick auf dringend anstehende Digitalisierungsaufgaben werden die vorübergehenden Hochschulschließungen als deutlicher Katalysator empfunden. 72 % der Hochschullehrenden geben an, dass an ihrer Hochschule in den vergangenen Wochen Maßnahmen umgesetzt wurden, die sonst erst später oder gar nicht umgesetzt worden wären. Bei den Lehrerinnen und Lehrern an allgemeinbildenden Schulen waren es vergleichsweise nur 59 %.
  • 53 % der Hochschullehrenden wollen digitale Lernformate auch über die Krise hinaus häufiger nutzen.
  • Während 67 % der Lehrenden an allgemeinbildenden Schulen ihre Schülerinnen und Schüler auch künftig stärker dazu befähigen wollen, mehr Verantwortung für den eigenen Lernprozess zu übernehmen, spielt dieser Aspekt an der Hochschule eine deutlich geringere Rolle und ist nur für 36 % der befragten Hochschullehrenden relevant.
  • Verbesserungsbedarf besteht aus Sicht der Lehrenden vor allem bei der technischen Ausstattung der Studierenden (59 %) und der Hochschulen (50 %). Aber auch die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses von digitaler Hochschullehre wird immerhin noch von 45 % der Lehrenden als wichtig für die Zukunft erachtet, wohingegen die grundsätzliche Bereitschaft, digitale Medien einzusetzen, als vergleichsweise geringes Problem angesehen wird (22 %).

II. Unterschiede zwischen wissenschaftlich und künstlerisch Lehrenden

Beide Gruppen von Lehrenden geben an, ähnlich gut mit der aktuellen Situation zurechtzukommen und sich auch gleichermaßen gut durch die Hochschulleitungen und Verwaltungen unterstützt zu fühlen. Unterschiede zeigen sich allerdings bei der Frage nach der Unterstützung durch die Bildungspolitik: Hier wünschen sich künstlerisch Lehrende deutlich mehr Unterstützungsangebote (43 %) im Vergleich zu den wissenschaftlich Lehrenden (35 %).

Unterschiede zeigen sich auch bei der Frage nach dem Arbeitsaufwand: Wissenschaftlich Lehrende (83 %) geben im Vergleich zu den künstlerisch Lehrenden (56 %) einen stärker erhöhten Arbeitsaufwand an. Auch die Einschätzung im Hinblick auf zu erwartende Lernrückstände bei den Studierenden ist verschieden: 39 % der künstlerisch Lehrenden im Unterschied zu nur 19 % der wissenschaftlich Lehrenden gehen über das Semester hinaus von bleibenden Rückständen aus. Künstlerisch Lehrende sehen auch die Identifikation der Studierenden mit der Hochschule in der Mehrheit eher geschwächt (54 %), während wissenschaftlich Lehrende überwiegend nicht dieser Meinung sind (36 %).

Während 71 % der wissenschaftlich Lehrenden digitale Lehrformate auch nach der Aufhebung der Hochschulschließungen künftig häufiger einsetzen wollen, liegt die Bereitschaft bei den künstlerisch Lehrenden lediglich bei 42 %, was mit den besonderen Einschränkungen durch das Online-Format für die künstlerische Praxis zusammenhängt. Kritisch bewertet werden hier vor allem die Einschränkungen beim (kammer)musikalischen Zusammenspiel und Einschränkungen bei der Übertragung im Hinblick auf Klangqualität, auf klangliche Differenziertheit, auf emotionalen Ausdrucksgehalt sowie Körperhaltung und Spielbewegung.


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