Das Katharinenstift
DIE GESCHICHTE VON ST. KATHARINEN
„Du höchster, mächtigster, guter Herr,
Dir sind die Lieder des Lobes.”
Franz von Assisi
Textfragmente aus dem „Sonnengesang” von Franz von Assisi sind auf der Glasfront zwischen Klosterhof und Bibliothek im St. Katharinenstift zu lesen. 1223 begannen die Franziskaner mit der Errichtung dieser Klosteranlage. Mit der Reformation verschwanden die Mönche und das Katharinenstift diente fortan als Armenhaus.
Beim großen Stadtbrand von 1677 wurde die Kirche fast vollständig zerstört, nur das Chorgebäude und einige Mauerreste des Mittelschiffs blieben erhalten. In späteren Jahren nutzte man die Gebäude als Waisenhaus, Schule, Zuchthaus, Lazarett, Irrenanstalt und zuletzt bis 1990 als Altenheim.
1995 fiel schließlich die Entscheidung, das ehemalige Katharinenstift zur Hochschule umzubauen. Nach einer europaweiten Ausschreibung gewann das Architekturbüro Braun & Voigt in Frankfurt/Main den ersten Preis. In 3 Jahren Bauzeit wurde die alte Bausubstanz saniert und durch neue Gebäudekomplexe erweitert. Grundprinzip des Architektenbüros Braun & Voigt war es, Alt und Neu nicht miteinander zu vermischen. Die hinzugefügten Neubauteile setzen sich daher deutlich von den historischen Altbauten ab und treten miteinander in einen spannungsvollen Dialog. Dabei wurde auf Durchsichten und Ansichten gesetzt. Dank dieses Konzepts bietet der heutige Hochschulsitz mit seinen großzügigen Kreuzgängen, dem Kapitelsaal und dem Refektorium eine einzigartige Arbeitsatmosphäre unter Deutschlands akademischen Gebäuden.
Im April 2001 war das Katharinenstift bezugsfertig und bietet den Studierenden wie den Lehrenden eine einmalige Atmosphäre. Der Klosterhof wurde für Open-Air-Veranstaltungen umgebaut. An der Nordseite der Klosterbauten wurde ein großer Opern- und Konzertsaal errichtet. Das ehemalige Refektorium dient heute als Orgelsaal. Das weitläufige gotische Dormitorium wird als Kammermusiksaal genutzt. Zwei voll ausgestattete Schauspielstudios bieten Raum für Proben und Aufführungen. Die Bibliothek mit eingezogener Galerie und zahlreichen Arbeitsplätzen im Gewölbe des ehemaligen Beichthauses ist der ideale Ort für konzentriertes und intensives wissenschaftliches Arbeiten.
Die hmt verfügt als eine von wenigen Musik- und Theaterhochschulen Deutschlands über eine voll ausgestattete Bühne mit versenkbaren Orchesterpodien, Handkonter- und Maschinenzügen, kompletter Beleuchtungstechnik und digitalisierten Tonstudios.
Die Umgestaltung des Katharinenstifts ist ein Glücksfall für die Rostocker Altstadt und als Zuhause der hmt unser ganzer Stolz.
Kommen Sie mit auf einen Rundgang durch das Katharinenstift!
360-GRAD RUNDGANG
Eine Tour mit Student Henning Schiever durch unsere Hochschule aus Studentenperspektive. Hier geht es zum 360°-Video >>
Bildergalerie
Glücksmomente
Anfang 1994 begründet, hat sich die Hochschule für Musik und Theater Rostock in wenigen Jahren einen hervorragenden Ruf erarbeitet. Mit dem Einzug der Hochschule in das bis heute so genannte Katharinenstift im April 2001 erhält die Hanse- und Universitätsstadt Rostock ein weiteres kulturwissenschaftliches Zentrum. Tatsächlich ist der mit erheblichen Mitteln des Landes und der Stadt erfolgte Um- und Ausbau des erstmals um 1259 erwähnten früheren Katharinenklosters ein „gelungenes Beispiel für behutsame, ebenbürtige Ergänzung historischer Architektur: Wer sich künftig für ein Studium an dieser Hochschule entscheidet, weiß, hier erwartet ihn eine Ausbildung auf fachlich höchstem Niveau und das in einer Umgebung, deren Atmosphäre und Ausstrahlung allein dazu beitragen, die schöpferischen Kräfte zu beflügeln.” (Dr. Harald Ringstorff)
Von alledem wird im vorliegenden Buch in Wort und Bild berichtet: die Autoren, z.B. Dieter Schröder, Karl-Heinz Will, Karlheinz Adler, Gert von Bülow, Petru Munteanu, Peter Manfred Wolf, Elke Pahn, Peter Heidrich und Elisabeth Schnitzler - Hochschullehrer, Architekten, Historiker und einfühlsame Journalisten - blicken in die Vergangenheit und auf die Gegenwart. Sie formulieren engagiert ihre Hoffnungen, Wünsche und Gewissheiten an die Zukunft, die sie mitgestalten wollen: Tradition und Moderne sensibel verknüpfend.
Glücksmomente, Wilfrid Jochims (Hrsg.), Rostock: Konrad Reich Verlag 2001, ISBN 3-86167-113-1. Erhältlich für 15,- Euro in der hmt Rostock.
Nah am Wasser gebaut
Frank Ivemeyer, der Kanzler der Hochschule für Musik und Theater, führt Sie in diesem Buch durch das Hochschulgebäude und begibt sich mit Ihnen auf kulturhistorische Spurensuche durch 300 Jahre Klostergeschichte. Einen Einblick in das Denken der Franziskaner im ausgehenden Mittelalter gibt die Rostocker Bibliothek, die Sie dabei ebenfalls kennenlernen. Das Beiheft enthält die Anmerkungen zum Bibliothekskatalog des Franziskanerklosters.
Der Musikwissenschaftler Prof. Hartmut Möller stellt Ihnen die Musik vor, die hier erklang, indem er erhaltene Fragmente von Noten- und Textblättern darauf befragt, ob sie aus St. Katharinen stammen.
Das Grußwort wurde von Gründungsrektor Prof. Wilfrid Jochims verfasst.
»Wir wissen nicht was ein Kloster ist.
Baut uns ein Haus am Wasser, damit wir im Fluss die Füße waschen können.«
Dieses Buch erscheint als Edition der Hochschule für Musik und Theater Rostock, Beim St.-Katharinenstift 8, 18055 Rostock
im Verlag der anderen Buchhandlung, www.anderebuchhandlung.de
1. Auflage 2013
ISBN: 978-3-9809413-1-0
Preis: 29,80 €
Ein Blick ins Buch "Nah am Wasser gebaut"
Leseprobe
Ein Schatz, vergraben in einem Bettelordenskonvent
Unweit des Schlusssteines, dessen einstige Verwendung noch im Dunkeln liegt, sind figürlich bemalte Glasscherben und der Münzschatz angefunden worden. Wenn die Franziskaner die selbst auferlegten Bauregeln in Rostock ernst genommen haben, dürfte das farbige figürlich bemalte Glas nur im Chorraum Verwendung gefunden haben. Das könnte die Herkunft der an anderer Stelle wieder verwendeten Konsolen und eben des Schlusssteines erklären. Können denn die Münzen etwas dazu beitragen, diese Fragen zu beantworten? Der Reiz von Münzschätzen besteht darin, abgesehen von der Freude der Numismatiker an deren Glanz, dass sie den Zeitpunkt ihrer Niederlegung kaum verbergen können, und damit ihr Fundumfeld zeitlich bestimmen lassen. So auch hier: Die Münzen wurden zwischen 1313 und spätestens 1335 geprägt.1 Weil es sich um Münzen einerseits aus Florenz und andererseits aus London, Canterbury und Durham handelt, werden nach dem letzten möglichen Prägedatum vermutlich noch ein paar Jahre ins Land gegangen sein, bis sie in Rostock im Baugrund verschwanden. Auf den ersten Blick verwundert, dass die Münzen überhaupt ‚ins Land gegangen sind‘. Was suchen ein italienischer Golddukaten, ein Floren, italienisch Fiorino d’oro, von 1313 und englische Silbermünzen, Sterlings, in der Rostocker Franziskanerniederlassung? Naheliegend, möchte man meinen, William von Baskerville2 habe sie auf seinem Rückweg aus dem italienischen Norden auf einem Umweg über die Provinz Saxonia in Rostock zurückgelassen. Es hätte seine letzte Reise sein können, teilt uns sein Chronist Adson von Melk doch mit: „Ich habe ihn niemals wiedergesehen. Nach vielen Jahren erzählte mir jemand, er sei der großen Pest zum Opfer gefallen, die Europa um die Mitte des Jahrhunderts verheerte.“ In Rostock wütete sie genau zur Jahrhundertmitte.
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1 Fried, Scherflein, S. 477 f.
2 Umberto Eco siedelt seinen Roman „Der Name der Rose“ im Herbst 1327 an, die englischen Münzen lassen sich nicht so exakt wie die italienische Münze datieren, sie stammen aus dem Zeitraum 1279-1335, die Hypothese ist also wenigstens nicht zu widerlegen.